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Eine Handvoll Fragen an: Anka Zink

Vorab zu Ihrer Person: Wer sind Sie und was machen Sie beruflich?

Mein Name ist Anka Zink, ich bin Kabarettistin. Sie können mich googeln oder meine Webseite www.ankazink.de besuchen. Üblicherweise zeige ich ein Bühnenprogramm, welches ich ungefähr 100 mal im Jahr für zahlende Gäste vorführe. Ich bin Diplom-Soziologin mit den Ausbildungs-Schwerpunkten Empirie, Personal- und Kommunikationswesen.

Frage 1: Was bedeutet der Klimawandel für Sie persönlich?

Anka Zink: Klimawandel bedeutet für mich, persönlich erlebbare Veränderungen an der Lebensumwelt wahrzunehmen, quasi in Form teilnehmender Beobachtung. Damit meine ich Landschaftsveränderung, ungewöhnliche Wetterereignisse übermäßiges Auftreten von Borkenkäfern, Eichenprozessionsspinnern, Marienkäfern u.ä. Oder beispielweise der Aralsee: Seit ich von ihm das erste Mal hörte - in der Schule vor etwa 50 Jahren - hat er sich auf ein Viertel seiner ursprünglichen Größe verkleinert.

Verändert hat sich die Haltung der Menschen zu dem Thema und die Art der Auseinandersetzung. Das erlebe ich als „persönliche“ Klimakrise. Starb früher der Wald wegen des Ozonlochs, sind heute monokausale Verknüpfungen weniger beliebt. Es hängt „alles mit allem“ zusammen, ein anderer Ausdruck für die Komplexität der Weltereignisse, der nicht nur Ausdruck persönlicher Überforderung ist, sondern sachlich richtig.

Hinsichtlich der Erderwärmung als Faktum und der damit verbundenen Veränderungen, um es neutral auszudrücken, herrscht weitgehend Einigkeit. Welche Erkenntnisse an welcher Stelle abgeleitet werden, ist interessengeleitet und ja, komplex. Man darf von vier großen Interessengruppen ausgehen: Politik (Macht und Machterhalt), Wirtschaft (Geld und Einflussnahme), Wissenschaft (Erkenntnis und Reputation) und betroffenen Lebewesen (selbsterklärender Daseinszweck und Sinn aller Bemühungen in einem anthropozentrischen Weltbild).

Es kümmert sich kaum jemand darum, diese vier Interessengruppen im Sinne eines größeren Ziels zusammenzubringen. Derzeit beliebter sind: die Panikmache (Eisbären/Menschen sterben), die Problemerzeugung (Wirtschaft bricht zusammen), die Moralisierung (Deinetwegen schmilzt die Arktis, du Mopedfahrer!) als konstruktive Kommunikationsstrategien hinsichtlich dieses wichtigen Themas.

Man kann den Blick drauf lenken, dass der meiste Dreck in der Welt in zwei Produktionszusammenhängen entsteht: nämlich erstens bei der Erzeugung von Waren, zweitens bei dem Transport von Waren. Damit zeigen sich schon die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen. Noch leben wir in einem freien Land und jedem von uns ist es überlassen, was er kauft und was nicht. Zweitens über ein verändertes Konsumverhalten werden wirtschaftliche Signale ausgedreht gesendet. Drittens über das vielleicht nur marginale wirtschaftliche Signal hinaus hat man die Möglichkeit einer Vorbildfunktion. In anderen Ländern gibt es auch schlechte Luft. Viertens frage ich mich nach etlichen Lebensjahren: Warum muss man eigentlich außer Verbrauchsgütern soviel anschaffen? Als die Ever Given im Suezkanal feststeckte, haben alle darüber diskutiert, was da passiert sein könnte, ob der Kapitän betrunken war usw. Aber keiner hat erwähnt, dass das Schiff zu groß für den Kanal war. Alle haben gesagt, der Kanal war zu schmal.

Eine kabarettistische Frage: Warum muss man unbedingt immer Sachen woanders bestellen, die man hier auch nicht braucht? Wir haben unter anderem deshalb Wohnungsnot in Deutschland, weil wir irgendwo die ganzen Dinge aufbewahren müssen, die mit der Ever Given und anderen Schiffen aus China hierher gebracht werden, bevor wir sie dann wieder von hier in den Müll werfen. Nebenbei:  Wir müssen nicht von jeder Pizza ein Foto machen. Der Strom, der in digitalen Zusammenhängen verbraucht wird ist immens. Jedes dämliche Partyfoto ist genauso ein Klimakiller wie ein Emailverkehr, in dem sich beide Seiten versichern, die andere Email erhalten zu haben.

In Kürze sage ich es so: Das Thema Klimawandel wird über kurz oder lang zu einer Neubetrachtung des Begriffs von Wachstums führen. Das wäre schön.

Frage 2: Wie engagieren Sie sich für das Klima bzw. gegen den Klimawandel?

Ich versuche (erfolgreich) meinen persönlichen CO2-Abdruck zu verringern: Wenig/nicht fliegen, mehr Bahn, weniger Auto, einfach mal irgendwo länger bleiben, in der City ÖPNV oder Rad oder zu Fuß.  Butterbrote, Reisebecher, Absprachen mit der Hausgemeinschaft hinsichtlich Solar und Energieverbrauch, Qualitätsklamotten, Sachen reparieren (lassen). Es gibt ein  tolles Buch dazu: Nachhaltig leben für Einsteiger von Christoph Schulz

Ich wollte außerdem mit Freunden einen kleinen Wald finanzieren, aber bei der Organisation ging niemand ans Telefon. Jetzt suchen wir ein Gartengrundstück mit Obstbäumen für eine kleinen pädagogische Idee bei Unkel.

Ich bin bei Greenpeace seit ewig, flexitarisch vegetarisch seit neulich, Stachel im Fleisch meiner konservativen Bekannten.

Frage 3: Was und wie würden Sie gerne lernen, um Ihre Zukunft gestalten zu können?

Nachhaltig Imkern. Also einiges über Pflanzen und das Ökosystem.

Frage 4: Wo befindet sich Ihr Lieblings-Lernort und warum können Sie dort so gut lernen?

Als reiferer Mensch lerne ich funktional und nur wenn ich muss. Mein Lieblings-Lernort ist „Störungsfrei“. No digitals around me, keine Musik, keine Ablenkung. Was das Leben sonst verlangt, lerne ich einfach so mit. Noch klappt das gut. (Zugegeben: Seit mehreren Arbeitsstunden quäle ich mich mit dem Anschluss einer Bluetooth Tastatur, die für ein Bluetooth-Gerät geeignet ist. Mir fehlt die Person, die mir sagen könnte, ob es sich eventuell um einen mechanischen Fehler handelt , also etwas “Kaputt“ ist. Der Chat kriegt es nicht raus, bei echten Problemen ist Schluss mit der künstlichen Intelligenz.)

Frage 5: Bitte erzählen Sie uns von Ihrem persönlichen Zukunftsbild: Wie sieht Ihr Alltag 2030 aus?

2030 bin ich 75 Jahre alt, sofern ich soweit komme. Ich sitze mit weißen Haaren und einem grauen Leinenkleid in Holland am Strand und passe auf Kinder und Kindeskinder auf. Ich hoffe, sie werden lachen, zanken, sich mit Sand bewerfen, eventuell sogar heimlich rauchen. Sich verlieben, betrinken, Blödsinn machen und große Pläne für die Zukunft haben. Natürlich sind wir mit einem E-Auto dahin gefahren, die Sportlichen sind mit dem Rad nachgekommen. Ich habe darauf bestanden, dass man das olle Hauszelt weiterverwendet. Die Tomaten kommen aus unserem Garten, das Obst ebenso, gegrillt wird Tofu. Dazu Pommes. Und was Holland betrifft: Ich hoffe sehr, dass es noch da ist.

Die Interviewfragen stellte Kathrin Rosi Würtz im April 2022.